
Frieden im Kleinen
- René Hope
- 9. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Es sind nicht immer die großen Orte, die etwas in uns bewegen.
Manchmal ist es ein stiller Strand, irgendwo im Süden, wo sich Wege kreuzen, ohne dass man es geplant hat.
Eine Familie kam an diesem Tag an denselben Ort wie ich. Vater, Mutter, zwei Töchter. Wir nickten uns freundlich zu, jeder in seiner kleinen Welt. Dann, plötzlich, lief die Jüngere – keine zwei Jahre alt – auf mich zu. Ihr Vater lächelte und meinte, sie wolle mir etwas schenken.
Es war nur ein kleiner Plastikdeckel, und doch so viel mehr.
Ein unscheinbares Stück, getragen von reiner Kindlichkeit, von Offenheit und Vertrauen.
Ich nahm es entgegen – als Symbol. Für Verbindung, für das, was uns im Kern ausmacht: Menschlichkeit.
Die ältere Tochter blieb eine Weile bei mir. Wir redeten kaum, schauten uns in die Augen, lachten ein wenig, verstanden uns jenseits der Sprache. Diese kurzen Begegnungen – sie sind es, die reisen mit Bedeutung füllen.
Später sprach ich mit den Eltern über das Leben im Van, über Freiheit, über das Unterwegssein mit Kindern. Ein einfaches Gespräch, ehrlich, unaufgeregt.
Erst zum Abschied kam die Frage, die so oft Grenzen zieht:
„Woher kommst du?“
„Deutschland“, sagte ich.
„Israel“, antworteten sie.
Wir sahen uns an – und lächelten. Keine Trennung, kein Urteil. Nur das Meer zwischen uns, das leise rauschte, als wolle es sagen: Es spielt keine Rolle.
Bevor sie losfuhren, ging ich noch einmal zu ihnen hinüber.
Ich fragte, wie man „Frieden sei mit dir“ in ihrer Sprache sagt.
„Shalom aleichem“, sagte er.
Ich wiederholte die Worte, ließ sie durch mein Herz fließen.
Er nickte. „Normalerweise hören wir andere Worte, wenn man weiß, woher wir kommen.“
Ich antwortete: „Das liegt nicht an den Menschen, sondern an der Politik. Wir dürfen uns wieder daran erinnern, was uns verbindet – Herz zu Herz, Seele zu Seele.“
Dann fuhren sie davon.
Ich blieb noch einen Moment am Strand sitzen, den Plastikdeckel in der Hand. Ein Kind hatte mir etwas geschenkt – nicht aus Besitz, sondern aus Reinheit.
Vielleicht beginnt genau so Frieden: im Kleinen, im echten Sehen, im ehrlichen Erkennen des anderen.
Nicht durch große Reden, sondern durch stille Gesten, durch Menschlichkeit, die einfach geschieht.



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